Berufliches

Womit ein Wald- und Wiesen- Elektriker sich tagtäglich herumplagen muß!

 

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HISTORISCHES

Märchen vom Schutztechniker, der seine Liebe zum Beruf entdeckt hat

Angefangen hat alles vor langer, langer Zeit in einem Kraftwerk. Man suchte einen Relaisprüfer und fand einen neugierigen Abiturienten. In der ersten Zeit gab es für ihn ständig Neues zu entdecken. Nach und nach wurde dann fast alles zur Routine. In das mittlerweile gealterte Kraftwerk wurde nichts mehr investiert und moderne Technik kannte man nur noch aus der Literatur.

Schließlich wurde ein neues Werk gebaut. Da war das Staunen groß. "Relais- und Messtechnik" hieß auf einmal "Schutz- und Sekundärtechnik"; elektromechanische Auswerteverfahren wurden durch digitale Algoritmen ersetzt. Fast alles schien anders zu sein! Für den immer noch neugierigen ehemaligen Abiturienten begann eine neue Ära.

Die alte Mess- und Prüftechnik war nur noch bedingt einsetzbar. Transportable Computertechnik wurde zur Pflicht. PC-Kenntnisse wurden vorrausgesetzt. Die Tücken digitaler Wirkprinzipien mussten erst einmal durchschaut werden (z.B. Samplingraten, Speichertiefen oder Zykluszeiten), um am Ende nicht sagen zu müssen: "Wer misst, misst Mist"!

"Mist messen" wollten die Chefs natürlich auch nicht. Zeit und Geld investieren!? - natürlich auch nicht!

Der mittlerweile zum Schutztechniker herangewachsene Abiturient sah sich also mit jeder Menge von Fragen konfrontiert:

-Welche vorhandene Mess- und Prüftechnik kann ich noch einsetzen und wo sind evtl. Neuanschaffungen erforderlich?

-Welcher Hersteller wendet welche Messphilosophie, welche Messalgoritmen und möglicherweise welche Werbetricks an?

-Wie sind Neuanschaffungen zu finanzieren?

-Wie sage ich es meinem Chef?

Um auf alle diese Fragen schnelle und überzeugende Antworten geben zu können, hätte man mindestens gestandener Praktiker, Philosoph, Mathematiker, Vertriebsexperte, Kaufmann, Buchhalter und Psychologe in einer Person sein müssen.

Der Schutztechniker suchte also nach praktischen Lösungen. Manchmal war er unerwartet schnell am Ziel, oftmals schien das Ziel fast zum Greifen nah, war aber letztendlich doch nur das Ende einer Sackgasse. Das Ziel stets vor Augen erkannte er, dass es auch am Ende einer Sackgasse noch einen Ausweg gibt, nämlich den Weg zurück, notfalls bis zum Start! Wie "Hans im Glück" trat er diesen Rückweg unverdrossen und meistens ganz allein an, war aber auch dankbar, wenn jemand ihn ein kleines Stück dabei begleitete oder ihm wenigstens die Richtung andeutete. Auf dem Rückweg entdeckte er teils idyllische, teils beschwerliche Pfade, die ihm in seiner Ungeduld beim Hinweg noch gar nicht aufgefallen waren. Sollten diese Wege etwa auch ans Ziel führen? Auf der Landkarte waren sie jedenfalls nicht zu finden! Ein kleines Stück allein gegangen, sah er plötzlich von Ferne her Leute, die so sehr ins Gepräch vertieft waren, dass die das Herannahen eines Anderen vorerst gar nicht bemerkten. Der Schutztechniker gesellte sich bald zu ihnen. Er erfuhr, dass man schon einige Zeit unterwegs sei, um gemeinsam das Ziel zu finden. Man sagte ihm, dass dabei manche Wege so eng geworden wären, dass alle zusammen dort gar nicht hindurchgepasst hätten. Keiner von ihnen wollte aber das Ziel als Einziger erreichen und so hätte man sich geeinigt, dass jeder immer nur ein kleines Stück allein gehen sollte und man sich dann nach einer festgelegten Zeit wieder treffen würde, um gemeinsam zu beraten. Der Kaufmann, der Buchhalter, der Philosoph, der Psychologe, der Mathematiker und auch der Schutztechniker gingen nun fortan jeder ihre Wegstrecke, und man traf sich danach jedes Mal, wie vereinbart, wieder. Es gab dann immer viel zu erzählen:

-Der Buchhalter ging einen Feldweg entlang und kam an eine Grenze. Die Grenzkontrolle schickte ihn zurück, weil irgend etwas mit seinen Papieren nicht stimmte.

-Der Kaufmann ging unentwegt über Stock und Stein und hatte schon fast alle Hürden geschafft, musste aber dann schließlich vor einem technischen Wunderwerk kapitulieren, das er nicht durchschauen und dessen Risiken er nicht kalkulieren konnte.

-Der Philosoph überlegte, ob er überhaupt das Ziel erreichen wollte, weil er ja dann nicht mehr über Ziele philosophieren könnte, sondern es genau wüsste! Er blieb daher lieber am Platz und wartete gespannt darauf, was die anderen nach ihrer Rückkehr zu erzählen hätten.

-Der Psychologe wagte sich in einen finsteren Schacht. Dabei war ihm ziemlich unbehaglich zumute. Der Schacht wurde enger und enger. Er konnte kaum noch gerade gehen, als er am Ende ein Licht entdeckte. Er kehrte sofort um, um allen von diesen ausgestandenen Ängsten und vielleicht auch von diesem Licht zu erzählen.

-Der Mathematiker ging seinen Weg nie spontan. An jeder Gabelung machte er Rast und berechnete die Wahrscheinlichkeit, welcher Weg wohl am sichersten zum Ziel führen könnte. Er kam nicht sehr weit, war sich aber sicher, dass er einen falschen Weg kein zweites Mal gehen würde.

-Der Schutztechniker stand am Ende seines langen Weges vor einem Höhleneingang. Der leichte Luftzug sagte ihm, dass es dahinter noch irgend etwas geben muss. Er wollte sich also eine Taschenlampe kaufen um in diese Höhle zu gehen, merkte aber, dass er viel zu wenig Geld im Portemonnaie hatte und musste schließlich auch umkehren.

Für dieses Mal wurde man sich einig, den Weg des Kaufmanns noch einmal gemeinsam abzugehen, um herauszufinden, ob das technische Wunderwerk wirklich eine so unüberwindliche Hürde sei.

So ging man zusammen viele neue Wege und merkte, dass man dem Ziel Schritt für Schritt immer näher kam.

Der Schutztechniker lernte also nicht nur asphaltierte, publikumswirksame und beifallsträchtige Rennstrecken kennen, sondern auch Umwege und Abkürzungen.

Und wenn er bei der letzten Budgetplanung nicht vergessen worden ist, sucht und findet er noch heute manchmal neue Wege!

AKTUELLES

Aufgabenstellungen, mit denen sich der Schutztechniker ganz aktuell herumplagen muss:

Grundsätzliches:

Betreff: Klärung von Grundsatzfragen

Grundsatzfragen stellen sich immer dann, wenn man sich erst einmal einig werden muss, welche Vorstellungen und Illusionen überhaupt den Anschein von Realitätsbezogenheit erwecken. Wird dann endlich ein Konsens gefunden, nennt man dieses Ergebnis fortan "Philosophie". Für den weiteren Verlauf können sich dann alle "Grundsatzfragenentscheider" hinter dieser Philosophie verstecken -oder auch nicht-.

Die Grundsatzfrage für den Schutztechniker lautet: "Verstecken, oder nicht verstecken?"

Konzeptionelles:

Betreff: Umsetzung von Grundsatzentscheidungen

Sind erst einmal Grundsatzentscheidungen gefallen, scheinen sich alle weiteren Maßnahmen diesen Entscheidungen unterzuordnen. Der Spielraum für konzeptionelle Aufgabenstellungen ist abgesteckt. Man trauert also altbewährten Konzeptionen nach, die plötzlich zu teuer geworden sind oder keiner mehr verantworten will. Man lernt neue Konventionen kennen. Es tobt ein Wettkampf zwischen Priorität und Kreativität. Manche möchten am liebsten den Kampf beenden und sich dem Sieger zu Füßen wefen. Wer wird aber der Sieger sein?: Der Schematiker, der vorrangig Prioritäten bearbeiten will, oder der Exot, der unbedingt kreative Ergebnisse hinterlassen will, oder vielleicht doch etwa "Otto Normalverbraucher", der für gutes Geld schlicht und einfach nur gute Ware haben will?!

Der Schutztechniker gibt den Kampf nicht auf und versucht sich in diesem ach so breitem Spektrum zurechtzufinden.

Konstruktives:

Betreff: Umsetzung konzeptioneller Vorgaben

Das Konzept allein ist eigentlich nichts mehr, als ein gutgemeinter Lösungsansatz. Der "Konzeptionelle" ist ja auch nicht dafür auf die Welt gekommen, um alles selbst zu machen. Er meint, dass er dafür genügend gutausgebildete Konstrukteure und Projektanten überall auf der Welt finden kann. Er hat ja auch recht! Die gibt es tatsächlich. Die Auswahl ist auch ganz einfach. Man hält sich ja schließlich an Grundsätze. Und die sind nun mal vorgegeben! Erstens: Der Teuerste scheidet aus, weil sich das niemend mehr leisten kann; Zweitens: der Billigste scheidet aus, weil er sicherlich unseriös ist; Drittens: Man wählt denjenigen, der irgenwo in der Mitte liegt, weil man da nicht viel falsch machen kann. Ob das dann auch alles funktioniert ist eigentlich ziemlich egal. Man ist immerhin seiner Pflicht nachgekommen - und man kann ja schließlich nicht alles wissen,was sich so auf der Welt abspielt.

So, oder ähnlich, lernt der Schutztechniker die "konstruktive Phase" in seinem Unternehmen kennen.

Organisatorisches:

Betreff: Projektbearbeitung

Eigentlich sollte der "Organisatorische" seine Aufgaben mit dem "Konstruktiven" abgestimmt haben, bevor er ins Detail geht. Er brauchte sich dann nicht mehr um Hintergründe zu kümmern, sondern könnte sich flugs auf geprüfte Projekte verlassen. Aber schon die Frage, wer denn überhaupt der "Konstruktive" sei - und erst recht die Frage nach vorliegenden Projekten -, geben dem "Konzeptionellen" zunächst erst einmal Rätsel auf. Er hat nämlich erst kürzlich gelernt, dass man Arbeit und Verantwortung auch delegieren kann. Nun hat er diese Erkenntnis sehr wörtlich genommen und alles weit weg irgendwohin in die große weite hinein Welt delegiert. Nun wartet er geduldig darauf, bis sich alles wie von selbst erledigt. Er hat keine sonderlich hohen Erwartungen. Wie ein Projekt aussehen sollte, damit es umgesetzt werden kann?: "- Das muss man ja nicht wissen!" - "Dafür werden ja die 'Konstruktiven' gut bezahlt" - Und schließlich kann man ja für gutes Geld auch gute Projekte erwarten!". Die Aktenordner füllen mit immer mehr Papier, aber nicht mit Leben. In der gut geordneten Ablage findet der "Organisatorische" dann doch noch einige wertvolle Hinweise zur Sachlage. Die Frage, ob diese Unterlagen eine zügige Projektbearbeitung zulassen, verkneift er sich, weil er die Antwort ohnehin schon kennt:: "Das ist nun mal die Realität - Das wurde schon immer so gehandhabt - Heutzutage muss man flexibel sein - Das bisschen Projekt kann doch nicht so schwierig sein- Letztendlich muss man sich ja nicht um alles selbst kümmern!"

Der Schutztechniker gibt sich diesen Argumenten geschlagen und versucht die weit aufklaffende Wunde zwischen Konzeption und praktischer Ausführung notdürftig zu schließen. Er versucht mit mehr oder weniger Erfolg, konstruktiv zu sein und er versucht, "Organisatorisches" zu improvisieren.

Praktisches:

Betreff: Durchführung von Messungen und Prüfungen

Hier geht es um ganz konkrete Aufgaben. Nachdem der Schutztechniker viel Zeit damit zugebracht hat, um herauszufinden, ob und wie die neue Gerätetechnik heutzutage überprüft werden sollte, freut er sich nun auf den praktischen Teil. Voller Elan nimmt er diese Herausforderung an. Die moderne Mess- und Prüftechnik, die er sich erkämpft hat, will ja schließlich auch zum Einsatz gebracht werden. Die Aufgabenstellungen sind klar. Meistens sind es turnusmäßige Prüfungen, oft aber sind es auch Messungen und Prüffeldversuche, um beispielsweise Betriebsabläufe zu optimieren oder Fehlerursachen zu ermitteln. Die Erwartungshaltung der Auftraggeber ist sehr groß. Sie wollen nicht nur irgendwelche kryptisch verschlüsselte Messergebnisse , sondern auch gleich noch die schnellste, kostengünstigste und risikoärmste Lösung auf den Tisch gelegt bekommen. Der Schutztechniker macht sich auch zu diesen Probleme Gedanken und erkennt, dass er hier nur noch bedingt weiterhelfen kann.

Denn mit jeder Antwort, die man findet, ergeben sich oft hunderte von neuen Fragen!

Analytisches:

Betreff: Ermittlung von Fehlerursachen und von Wirkprinzipien

"Geht nicht!" - gibts nicht! Einfach feststellen, dass irgendetwas nicht geht, um dann die Arbeit anderen zu überlassen, führt selten zur erhofften Lösung. Zugegeben, - die anderen werden auch nicht gerade schlecht bezahlt und man sollte dafür auch gute Lösungen erwarten dürfen. Aber wissen die anderen denn eigentlich, was der Auftraggeber erwartet, damit er dann endlich irgendwann mal sagt: "Jetzt gehts!"?

In der Praxis ist es oft so, dass die Ursachen von Störungen oder Unregelmäßigkeiten mit einfachen Mitteln nicht erkannt werden können. Solange diese Erscheinungen nur selten auftreten und die Auswirkungen nicht all zu groß sind, denkt man nicht weiter darüber nach. Wenn das dann aber irgendwann mal nicht mehr so ist oder völlig überraschend ein größerer Schaden entstanden ist, wird man plötzlich intolerant. Auf einmal wird alles in Bewegung gesetzt, um möglichst alles aufzuklären. Kosten spielen dann fast keine Rolle mehr. Die Prioritäten werden vollkommen neu geordnet.

In dieser Situation ist der Schutztechniker ein gern gesehener Gast. Man weiß, dass er über moderne Mess- und Prüftechnik verfügt, mit der er auch umgehen kann, und man erhofft sich Lösungsansätze zur Fehlerbehebung.

Zu diesem Zeitpunkt weiß der Schutztechniker überhaupt noch nicht, was ihn eigentlich erwartet. Widersprüchliche Angaben zur Störung werden erst einmal entgegengenommen. Fehlende Kenntnisse zum Sachverhalt werden nach und nach abgebaut. Wenn er dann endlich weiß, wie und was er überhaupt messen will, muss er sich überlegen, welches seiner Geräte dafür am besten geeignet ist. Bei der Auswertung der Messergebnisse gibt es dann oft große Überraschungen. Es werden erst einmal eigene Schlussfolgerungen in Frage gestellt. Daraufhin wird gemessen und geprüft, was das Zeug herhält. Am Ende kommt man zu der Erkenntnis, dass die Fehlerursache ganz woanders zu suchen ist, als man sie ursprünglich erwartet hat. Beispielsweise stellt man fest, dass die ganze Konzeption zwar stimmt, aber hier eine Gerätetechnik zum Einsatz gebracht worden ist, die dieser Konzeption nicht gerecht wird.

Daraufhin werden sich alle einig, dass diese störungsverursachende Gerätetechnik durch neue Komponenten zu ersetzen ist. Es gibt an dieser Stelle noch keine konkreten Vorstellungen. Man weiß nicht, ob man einfach mal einen anderen Anbieter ausprobieren sollte, der gleiche Aufgabenstellungen angeblich viel besser lösen kann, oder ob man sich bei dieser Gelegenheit gleich auf ein neues System festlegen sollte, weil man ja auch an zukünftige Erweiterungen denkt.

Und damit schließt sich der Kreis. Man ist wieder ganz am Anfang angelangt und denkt wieder über Grundsätzliches nach.

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